Schatzalp

Schatzalp

Schatzalp

11. bis 25. August 1939

Im August neigt sich der Sommer dem Ende zu. Ich schreibe dies in meinem Hinter-hof und geniesse die Kühle des Abends nach einem sehr heissen Tag. In meiner Heimatstadt Portland, Oregon, USA, werden überall noch Masken benötigt, und die Schulen werden auf absehbare Zeit geschlossen bleiben. Ich bin 1966 geboren und erinnere mich nicht an die Unruhen, Ich bin 1966 geboren und erinnere mich nicht an die Unruhen, die mein Land da-mals erschütterten, so dass das, was jetzt geschieht, eine neue und alarmierende Erfahrung ist. Ich würde sagen, dass die Menschen hier ziemlich genau so besorgt sind über die Pandemie, die Rassenspannungen, die Unruhen auf den Strassen und die Integrität der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. Das Leben geht natürlich weiter. Viele von uns haben es sogar geschafft, Mini-Urlaube in der Nähe ihres Zuhauses zu machen. Es gibt viele gute Möglichkeiten im pazifischen Nordwesten, wo der Über-fluss an sanfter Wildnis (wir sprechen hier nicht von Alaska) es ermöglicht, auch bei beliebten Outdoor-Aktivitäten sozial distanziert zu bleiben. Doch jetzt, da der Herbst näher rückt, müssen wir uns mit einer Krisenzeit auseinandersetzen, die sich leicht als noch akuter erweisen könnte als das, was wir bereits erlebt haben. Vielleicht ist es nicht ganz fair, die heutigen Spannungen und Ängste mit dem zu vergleichen, was die Menschen im August 1939 erlebten, aber wir bekommen auf jeden Fall ei-nen kleinen Vorgeschmack davon.

In der Zeit zwischen dem 11. und 25. August 1939 kam es zu einer raschen Abfolge beunruhigender Entwicklungen, mit diplomatischen Bemühungen in letzter Minute, einen Krieg abzuwenden, und gleichzeitig mit übereilten Massnahmen zur Vorbe-reitung auf einen Krieg. Die Gespräche zwischen Deutschland und der Sowjetunion begannen am 12. August und gipfelten am 23. August in der Unterzeichnung des berüchtigten Molotow-Ribbentrop-Pakts. Zu diesem Zeitpunkt gab es auf der Schatzalp keine Russen, die diese Entwicklung weder lobten noch bedauerten.

Am 17. August wurde die Grenze zwischen Deutschland und Oberschlesien ge-schlossen, und elf Tage später folgte die deutsch-französische Grenze. Ab dem 25. August konnten die Deutschen mit niemandem ausserhalb des Landes telefonisch kommunizieren, was direkte Auswirkungen auf das Leben der vierzehn Deutschen, die damals auf der Schatzalp wohnten, gehabt hätte, sofern sie diese Form der Kommunikation bis dahin genutzt hätten, um mit ihren Lieben in Kontakt zu bleiben. Am 26. begann die Verpflegung mit Schuhen, Textilien und bestimmten Lebensmit-teln, so dass jeder im Sanatorium, der sich daran gewöhnt hatte, solche Dinge aus Deutschland zu erhalten, sie nun vor Ort besorgen musste.

Ich habe vergeblich auf YouTube nach einer Aufnahme der Radiosendung von Papst Pius XII. vom 24. August gesucht, in der er der Welt erklärt: “Die Gefahr steht unmittelbar bevor, aber es ist noch Zeit”. Vielleicht finden Sie heraus, ob Sie sie sich anhören möchten, bevor Sie mit dem Blog weitermachen (der Text ist auf Franzö-sisch, Italienisch und Portugiesisch verfügbar unter: https://www.vatican.va/content/pius-xii/fr/speeches/1939/documents/hf_p-xii_spe_19390824_ora-grave.html). Pius XII. ist in den letzten Jahren zu einer höchst umstrittenen Figur geworden, aber es ist wahrscheinlich, dass viele der Gäste auf der Schatzalp, sowohl Katholiken als auch Nichtkatholiken, seine Sendung an jenem düsteren Donnerstag im Jahr 1939 hörten. Teilten sie seine Überzeugung, dass noch etwas getan werden könnte, um den Frieden zu sichern? Ich wünschte, ich könnte in der Zeit zurückgehen und eine Umfrage durchführen!

Die Volkszählung auf der Schatzalp vom 11. bis 25. August lag mit 108 Gästen (ein Anstieg um drei) sogar etwas höher als in der zweiwöchigen Vorperiode. Sie kamen aus 21 Ländern, wobei ein Neuzugang aus Brasilien den bisherigen Rekord von 20 Gästen aus dem Jahr 1939 gebrochen hatte. Das Geschlechterverhältnis hatte sich von einer weiblichen zu einer männlichen Mehrheit verschoben, blieb aber nahezu ausgeglichen. Die sechs Adeligen waren immer noch da, und nur eine promovierte Person – unser Freund H.C. Bodmer – war abgereist, während neun andere noch in der Residenz blieben.

Hier ist die Liste der Nationalitäten:

  1. England 18

  2. Portugal 15

  3. Deutschland 14

  4. Frankreich8

  5. Irland 8

  6. Spanien 7

  7. Indien 6

  8. Schweiz 6

  9. Belgien 4

  10. Holland 4

  11. Jugoslavien 4

  12. Rumänien 3

  13. Tschechoslovakei 2

  14. Dutch East Indies 2

  15. Österreich 1

  16. Brasilien 1

  17. Finland 1

  18. Ungarn 1

  19. Irak 1

  20. Italien 1

  21. Syrien 1

Abflüge:

  1. Frau Margaret Hild (Austria)

  2. Mme H. Boin (France)

  3. Frau Paula Bachem (Germany)

  4. Herr Dr H.C. Bodmer (Switzerland)

  5. Frau Lena Warsitz (Germany)

  6. Frau Luizi Bohm (Yugoslavia)

  7. Frau Caroline van Haeften (Holland)

  8. Mons Charles LHonneux (Belgium)

  9. Frau Amande Cuypers (Dutch East Indies)

  10. Frl. Hanna Montfort (Germany)

Die Hälfte der zehn Männer und Frauen, die abgereist waren (Lena Warsitz, Luizi Bohm, Caroline van Haeften, Charles L’Honneux und Amande Cuypers), hatte Fa-milienangehörige besucht, und Hanna Montfort aus Deutschland war möglicher-weise ebenfalls zu Besuch, da sie nur sehr kurz blieb – höchstens drei Wochen.

Ankünfte:

  1. Herr Egon von Brasseur (Germany)

  2. Mr Amar Kapur (India)

  3. Mr Bawa Sunder Singh (India)

  4. Mrs Devi Dinga Singh (India)

  5. Frau Maria Bundy (Yugoslavia)

  6. Frau Wilma Röllinger (Germany)

  7. Herr Hynek Katz (Bohemia)

  8. Mr C. Condé de Oliveira (Brazil)

  9. Mons José Fonseca (Portugal; Mme S. Fonseca)

  10. Mme F. du Mesnil (France, Mons F. du Mesnil)

  11. Mlle L. Achard (Switzerland)

  12. Frl. Antonie Müller (Germany)

  13. Mme Léonie Laurent (France)

  14. Herr Werner Rooda (Holland)

  15. Mr Arthur Rawlins (England, Georgina Rawlins)

Sechs der fünfzehn Ankömmlinge (Amar Kapur, Bawa Sunder Singh, Devi Dinga Singh, José Fonseca, Mme du Mesnil und Arthur Rawlins) ertrugen die sicher an-gespannten Reisebedingungen und die nervenaufreibende Ungewissheit, um sich kranken Verwandten anzuschliessen, die sich bereits im Wohnort befanden. Hynek Katz, ein sehr junger Mann, der allein aus der besetzten Tschechoslowakei reiste, wird diese Woche Gegenstand unserer biografischen Skizze sein. Er ist sicherlich eine der ergreifendsten Figuren der Schatzalp und vielleicht der einzige ehemalige Gast, dessen Grab in Davos noch besichtigt werden kann.

Unterdessen verzeichneten die Davoser Blätter in der Ausgabe vom 11. August ei-nen Rückgang der Übernachtungen in Graubünden für die Jahre 1938-1939, aber einen Anstieg der Übernachtungen in Davos (von 341’800 in den Jahren 1937-1938 auf 354’347 in den Jahren 1938-1939), und der Eindruck, den die Herausge-ber der Zeitung erweckten, war der eines “business as usual”. Für Golfer gab es die Ergebnisse des kürzlich stattgefundenen Angleterre Challenge Cup, und diejenigen, die eine anstrengendere Aktivität suchten, wurden eingeladen, sich für die geführ-ten Besteigungen des Tinzenhorns, der Rad ünerköpfe und des Flüela Weisshornsanzumelden. Die wichtigste lokale Nachricht, über die in dieser Ausgabe der Zei-tung berichtet wurde, war jedoch der plötzliche Tod von Alfred Hvalsoe, dem 71-jährigen Besitzer des Derby-Hotels am 31. Juli, das unter seiner Leitung nicht nur den Umbau vom Sanatorium zum Hotel überlebt hatte, sondern zu einer der schicksten und begehrtesten Adressen für Touristen in Davos geworden war.

Wie es der Zufall wollte, stand die englische Kolonie mit dem bevorstehenden Weggang des britischen Vizekonsuls Dr. Bernard Hudson auch vor dem Verlust ei-nes ihrer prominentesten Mitglieder, wenn auch unter ganz anderen Umständen. Wie bei Alfred Hvalsoe hatte Hudson seinen ersten Beitrag zum Resort im Zusam-menhang mit einem Sanatorium geleistet: “Er liess sich 1908 in Davos nieder und war von 1911 bis zum Kriegsausbruch 1914 beratender Arzt des Queen Alexandra Sanatoriums, das 1914 geschlossen wurde”. Aber als der britische Konsul, ein ge-wisser Dr. Huggard, 1911 starb, übernahm Hudson diese Rolle. Die Tatsache, dass er 1914 sowohl das Konsulat als auch Davos verliess, “um in Frankreich zu dienen”, und dann 1937 den Posten des Vizekonsuls annahm, machte seinen Abgang von 1939 umso ironischer, obwohl der Herausgeber des Davos Courier beschloss, die-se besondere Wendung des Schicksals nicht zu betonen.

Englischsprachige Patienten auf der Schatzalp könnten sich nach der Lektüre über den Abgang des Vizekonsuls und vielleicht nach Abwägung der Risiken und Vortei-le eines eigenen Urlaubs mit der neuesten Folge von Llewelyn Powys’ “Summer in My Alpine Village Home” ein wenig entspannen. Powys war ein angesehener briti-scher Essayist und Romancier, der seit 1937 im Sanatorium Clavadel lebte. Drei seiner Werke, die er der Nachwelt hinterlassen hat, befassen sich speziell mit den düsteren Seiten des Davoser Lebens: “The Conquerer Worm” und “Recalled to Life” sind veröffentlichte Ausgaben seines Tagebuchs von 1910-1911, das während sei-nes ersten Aufenthalts in Clavadel geschrieben wurde, und “Skin for Skin” ist eine Erinnerung an dieselbe Erfahrung. Aber “Summer in My Alpine Village Home” äh-nelt eher einem Liebesbrief – ein passender Tribut sowohl an den Mann – der am Ende des Jahres tot sein würde – als auch an den Ort, den er sich zu eigen gemacht hatte.

Wenn Powys’ Stück jedoch zu Recht wehmütig war, dann kommt einem der andere Essay über Davos, der in jener Woche erschien, heute unglaublich unpassend vor, geschrieben am Vorabend der Zerstörung der alten Lebensordnung in Europa und dem Ende der Kurortära. Ich zitiere ihn zu Ihrer Belustigung ausführlich, aus dem Französischen übersetzt (er war der Hauptbeitrag in der aktuellen Ausgabe des Courrier de Davos):

“Wasserstellen und Kurorte – eine grossartige Ressource für Anemiker und Neuras-theniker. Aber es ist kaum überraschend, wenn sie sich nicht verbessern. Ausser-gewöhnlich isthingegen, dass die gesunden Menschen, die solche Orte aufsuchen, am Ende nicht krank werden. Es ist für alles gesorgt, was ihre Gesundheit ruinieren kann: die erhöhten Emotionen an den Spieltischen, die späten Abendstunden, die muffige Luft in den Zimmern und die überfüllten Hotellobbys. Das ist eine treffende Beschreibung für viele Tränkeplätze. Wir sprechen über sie mit einem Anflug von Bitterkeit, denn was sie wirklich verdienen, ist die Bezeichnung “Pleasure Resorts”. Und das Vergnügen, das sie bieten, zusammen mit der Überanstrengung, die sie mit sich bringen, ist der Feind der guten Gesundheit.

“Aber schauen wir uns nun an, was Davos zu bieten hat. Der Unterschied ist leicht festzustellen. Sorgfältige und vernünftige Hygieneregeln regeln das Leben hier. Die Rast kuriert unter freiem Himmel, behutsame Aufstiege auf den vielen Waldwegen. Keine Casinos, keine “Petits Chevaux”, Anstand und Sauberkeit im öffentlichen Raum. Das sorgt für eine ganz andere Szene und Lebensweise. Aber stellen Sie sich nicht vor, dass Davos ein trauriger Ort ist. Wenn im Sommer die Versuchungen der Anstrengung auf ihre einfachsten Ausdrücke , reduziert werden, findet man an ihrer Stelle Ablenkungen, die gesund für den Geist sind – Ablenkungen, die von den verschiedenen Ansichten der alpinen Landschaft inspiriert sind, die positiven As-pekte einer kosmopolitischen Umgebung, die Vorteile einer modernen Stadt mit Konzertsälen, Kinos, Parks und Luxusgeschäften. […]

“”Offensichtlich ist dies, in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Ausdruck, der so oft falsch angewendet wird, kein Paris. Aber die Pariser kommen hierher und finden im Überfluss das, was sie in Paris oder an den verschiedenen Tränken nicht be-kommen können: die Ruhe der Strassen, die Reinheit der Atmosphäre, gute Luft, klares Wasser und Ruhe für strapazierte Nerven. . Die Franzosen sind in der Tat im-mer zahlreich in Davos – im Sommer sind es ein oder zweihundert, im Sommer sechs oder acht, ohne die Belgier, die französischsprachigen Schweizer und all die ansprechenden Vertreter jener Nationalitäten zu zählen, die unsere Sprache lieben und sie mit kastilischem Akzent, italienischem Lispeln, slawischem Zwitschern oder der Süsse von miel de l‘Hymette auf den Lippen aussprechen. […]”

Nun, was kann man dazu sagen? Ich bin sicher, es bedarf keines Kommentars mei-nerseits, ausser zu wiederholen, dass das Timing des Stücks wirklich bizarr (oder vielleicht nur naiv optimistisch) war!

Und nun wenden wir unsere Aufmerksamkeit Herrn Ignatz Hynek Katz zu. Er war neunzehn Jahre alt, als er im August 1939 aus seiner böhmischen Heimat – dem heute besetzten Gebiet – auf die Schatzalp kam. Seine Eltern waren beide in Polen geboren, hatten aber ihre vier Söhne und eine Tochter in der Tschechoslowakei aufgezogen. Hynek war das Baby der Familie – zehn Jahre jünger als sein nächstäl-testes Geschwisterchen. Er hoffte, Arzt zu werden und studierte Medizin, erkrankte aber an Tuberkulose. Sein Vater, Jindrich Josef Katz, war, wie man uns erzählt, ein Eisenhändler, der sich auf Haushaltswaren spezialisierte, und sein Geschäft muss erfolgreich gewesen sein, da er seinen kranken Sohn in das renommierteste Sana-torium von Davos schicken konnte.

Wir wissen nicht, wie krank Hynek Katz war, als er ankam und sich in die Obhut von Dr. Maurer begab, oder ob er sich einer chirurgischen Behandlung unterzog, aber er würde weitere zehn Jahre überleben und 1949 im noch jungen Alter von dreissig Jahren in Davos sterben. Irgendwann verliess er die Schatzalp und liess sich im Haus Rudolf in Davos Dorf nieder, das heute noch existiert. Es war kein ungewöhn-licher Schritt für diejenigen, deren Gesundheit sich stabilisierte, die sich aber nicht mehr in die Ebene zurückwagten. Es gab Menschen wie Thomas Manns Herr Settembrini, der den Berghof verliess, als er merkte, dass die Behandlung ihn nicht endgültig heilen konnte, Menschen, die sich die hohen Kosten der Sanatorien nicht mehr leisten konnten, und einige, die einfach nicht mehr wussten, wohin sie gehen sollten.

Wie auch immer der Fall Hynek Katz gewesen sein mag, er war zum Zeitpunkt sei-ner Ankunft nicht nur krank und allein, sondern zweifellos besorgt darüber, was mit den Familienmitgliedern geschehen könnte, die er im besetzten Böhmen zurückge-lassen hatte. Schon vor Ausbruch des Krieges war das Leben für sie, wie für alle unter den Nazis lebenden Juden, schwierig geworden. Die Ironie ist, dass Hynek trotz seiner lebensbedrohlichen Krankheit immer noch viel sicherer war als seine Verwandten und fast alle überleben würde. Seine Schwester Anna war mit ihrem Mann in die USA emigriert, aber seine Eltern, Brüder, Neffen, Schwägerinnen und Grosseltern mütterlicherseits wurden alle zusammengetrieben und in verschiedene Konzentrationslager geschickt, wo sie einer nach dem anderen umkamen. Der ers-te, der “deportiert” wurde, war sein Bruder, Dr. Julius (Julek) Katz, der Vater von zwei kleinen Jungen, der im Oktober 1938 entführt wurde. Die erste, die 1941 starb, war seine Grossmutter Henrietta Itte Katz, und der letzte war sein Bruder Vilem Katz, der bis 1943 überlebte. Danach gab es nur noch Hynek und Anna, die auf zwei ver-schiedenen Kontinenten lebten. Der junge Mann, der sich diesmal vor 81 Jahren auf der Schatzalp niederliess, würde also die Familie, die er zurückgelassen hatte, nie wieder sehen. Offenbar rettete ihm seine Tuberkulose, an der er schliesslich starb, eine Zeit lang auch das Leben.

Wir können uns nur vorstellen, was Hynek durchgemacht haben muss, als er den Kontakt zu seinen Lieben verlor, während er auf der Schatzalp lebte. Vielleicht war ihm noch nicht ganz klar, wie schlimm die Situation war, aber er muss auf jeden Fall verzweifelt gewesen sein und durch seine Hilflosigkeit unterdrückt worden sein. Grossherzog Dmitri war, als er im September auf der Schatzalp ankam, vielleicht der einzige Mensch dort, der sich in irgendeiner Weise mit der Situation von Hynek Katz identifizieren konnte. Zwanzig Jahre zuvor, 1918-1919, hatte er aus Russland ein alarmierendes Rinnsal von Informationen über das Schicksal seiner Lieben er-halten, das nach einem Jahr Haft im Januar 1919 in dem gewaltsamen Tod seines Vaters gipfelte. Das unerträgliche Warten, das ständige geistige Hin und Her zwi-schen Optimismus und Pessimismus und schliesslich der anfängliche Unglaube an die Nachricht vom schlimmstmöglichen Ausgang, gefolgt von Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühlen, Wut und Depression – das alles waren Phasen, die er in seinem Tagebuch beschrieb.

Wir haben keinen Hinweis darauf, dass sich der russische Grossherzog mittleren Alters und der junge böhmische Medizinstudent jemals auf der Schatzalp zusam-mengesetzt und Mitleid gehabt hätten – es scheint eine unwahrscheinliche Paarung zu sein, und die Gemeinsamkeiten (jenseits der Tuberkulose) wären für beide nicht offensichtlich gewesen. Aber es ist anzunehmen, dass Hynek Katz während seines Aufenthalts auf der Schatzalp Sympathie und Mitgefühl gefunden hat. Die engli-schen und französischen Patienten, die dort blieben, hätten einige seiner Gefühle der Hilflosigkeit und Unsicherheit geteilt, ebenso wie viele der anderen Patienten, und das Haus selbst war eine der auffallend antinazistischen Einrichtungen in einer Stadt, die sehr gespalten war. Der Chefarzt der Chirurgie, Gustav Maurer, hatte trotz all seiner vielen Mängel besonderes Mitgefühl mit der Notlage der Juden und arbei-tete unmittelbar nach dem Krieg hart daran, medizinische Vorräte und Antibiotika zu sammeln, die an jüdische Flüchtlinge geschickt werden sollten. Hoffen wir also, dass sich Herr Katz weniger isoliert fühlte, als es sonst der Fall gewesen wäre, und während seiner Tortur Trost und Unterstützung fand.

Wenn Sie diesen Blog von Anfang an gelesen haben, wissen Sie, dass ich in jeder Folge eine Aktivität vorschlage, die für den hervorgehobenen Gast relevant ist. Im Fall von Hynek Katz kann ich mir keine bessere Möglichkeit vorstellen, sein Andenken zu ehren, als ihm auf dem kleinen jüdischen Friedhof auf der Davos-Insel einen Be-such abzustatten. Das ist eine seltene Gelegenheit, da fast keiner der Sanatori-umspatienten, die in Davos starben und begraben wurden, noch auf einem der ört-lichen Friedhöfe zu finden ist. Aber aus religiösen Gründen hat der jüdische Fried-hof seine Toten behalten, und es ist ein faszinierender Ort für einen Besuch. Als ich das letzte Mal dort war, fand ich das Grab einer Frau aus New York City, die 1934 in Davos starb, höchstwahrscheinlich an Tuberkulose. Ich wünschte, ich würde ihre Geschichte kennen! Es gibt auch ein beeindruckendes Denkmal aus Rohstein für zwei junge Männer, die bei einem Kletterunfall auf der „Jungfrau“ ums Leben ka-men. Die jüdische Tradition ist es, Steine statt Blumen auf die Gräber der Verstor-benen zu legen, und einige der Gräber tragen diese Symbole der liebevollen Erin-nerung, aber Hynek Katz hatte keine, als ich im vergangenen Mai dort war. Nun, jetzt hat er eines, wenn das, das ich gelegt habe, in der Zwischenzeit nicht gestört wurde, und es gibt viel Platz für mehr.

Geniessen Sie bis zum nächsten Mal die Spätsommer- und Frühherbsttage auf der Schatzalp!

11.-25. August Schatzalp-Gästeliste:

  1. Mme Andrée Ferrand, Frankreich

  1. Herr Doctor Walter Mackh, Deutschland

  2. Herr Erwin Geist, Deutschland

  3. Mlle Laurice Antaki, Syrien

  4. Miss Doris W. Bartlett, England

  5. Mme Maria Ernestina Infante da Camara Martins Pereira, Portugal

  6. Mons le Dr Louis Baudrux, Belgien

  7. Mons Spiro Valerianos, Rumänien

  8. Mr Alphonso Zobel de Ayala, Spanien

  9. Mr Manuel Aguilar Otermin, Spanien

  10. Mons Guy Lefort, Frankreich

  11. Mrs Emilie Francis, England

  12. Mr Bowa Dinga Singh, Lahore, Indien

  13. Mr Frank Ingham, Österreich

  14. Mme C. Valerianos, Rumänien

  15. Miss C. Howell, England

  16. Herr Dr W. Zechnall, Deutschland

  17. Mr Robert Holt, England

  18. Mme Mello Osorio, Portugal

  19. Herr Baron F. von Langenn, Deutschland

  20. Herr Dr G.Wallach, Deutschland

  21. Kumar S. Gupta, Indien

  22. Frl. B. Weiss, Schweiz

  23. Mrs Georgina Rawlins, England

  24. Mlle Marie E. Alvarez, Portugal

  25. Mr Martin McGrath, England

  26. Mlle Hélène Mathieu, Frankreich

  27. Mr Oswald Müller-Dubrow, Director, Irland

  28. Mrs M.E. Müller-Dubrow, Irland

  29. Mons G. Perez-Sanmillan, Marquis de Benicarlo, Spanien

  30. Frau Nada Paolovic, Jugoslawien

  31. Frl. Vlasta Navratil, Kolin

  32. Mr P. Cunningham, Irland

  33. Herr Andreas Kammer, Ungarn

  34. Frl. S. Lackner, Deutschland

  35. Mme Candelaria Santos Suarez y Giron, Spanien

  36. Mlle Carmen Creus y Santos Suarez, Spanien

  37. Mr George Foreman, England

  38. Mlle Z. Manolesco, Rumänien

  39. Miss Alice O’Neill, England

  40. Mr M. Clenagham, Irland

  41. Mme Josefa Murteira, Portugal

  42. Frl. Nedja Krunic, Jugoslawien

  43. Mons Joâo Sequeira Cantinho, Portugal

  44. Mr James Clarke, England

  45. Mr Mario Ferreira, Portugal

  46. Miss A.C. Rouse, Irland

  47. Frau Petronella A. Kleinhoonte, Holland

  48. Frl. Eva-Brita Aminoff, Fin nland

  49. Frl. Marg. Sachse, Schweiz

  50. Mr Vincent Reynolds, Irland

  51. Mr S.L. Chaturvedi, Kalkota, Indien

  52. Mons F. Gosset, Frankreich

  53. Mons André Crouzier, Frankreich

  54. Mons Antonio Orfila, Spanien

  55. Herr Heinrich Wepf, Schweiz

  56. Frl. Emmy Lion, Niederländisch-Ostindien

  57. Frau Cecily Drummond, England

  58. Mlle Comtessa Marie Cecil de Carnide und Krankenschwester, Portugal

  59. Mons le Comte Jose de Carnide, Portugal

  60. Mme le Comtesse Tereza de Carnide, Portugal

  61. Mons Dr Julio de Vasconcellos, Portugal

  62. Herr Hans Warsitz, Deutschland

  63. Mr George Bull, England

  64. Mons Fernando Madureira, Portugal

  65. Herr Geoffroy Pittar, England

  66. Mlle Jeanne Opsomer, Holland

  67. Mr Hussein Kamil, Baghdad, Irak

  68. Mons Fernando Madureira, Portugal

  69. Mme S. Fonseca, Portugal

  70. Mr K. McFadden, Irland

  71. Mons F. du Mesnil, Frankreich

  72. Mons Antonio Lopes de Fonseca, Portugal

  73. Mr John Kennagh, England

  74. Mlle Rosalia Termini, Italien

  75. Herr Dr. Hans Cornet, Deutschland

  76. Mrs Florence Howell, England

  77. Mrs G. Solomon, England

  78. Frl. Felicia Bohm, Jugoslawien

  79. Herr Dr. E. Kux, Deutschland

  80. Igitt. Generaloberin Mussiliey, Schweiz

  81. Frau Dr. Gerda Wallach, Deutschland

  82. Mlle G. Humbert, Suisse

  83. Herr Dr. Jonkheer van Haeften, Holland

  84. Frau L. Bierman, Deutschland

  85. Mrs Ph. Monk, England

  86. Mr. Eric Monk, England

  87. Mons Andre Gilles, Belgien

  88. Mlle Francoise Lhonneux, Belgien

  89. Mme Gabrielle Lhonneux, Belgien

  90. Herr Dr. P. Cuypers, Niederländisch-Ostindien

  91. Mr Nathaniel Hone, Irland

  92. Mme Marquise de Benicarlo, Spanien

  93. Herr Egon von Brasseur, Deutschland

  94. Mr Amar Kapur, Indien

  95. Mr Bawa Sunder Singh, Indien

  96. Mrs Devi Dinga Singh, Indien

  97. Frau Maria Bundy, Jugoslawien

  98. Frl. Wilma R. öllinger, Deutschland

  99. Herr Hynek Katz, Böhmen

  100. Mr C. Condé de Oliveira, Brasilien

  101. Mons Jose Fonseca, Portugal

  102. Mme F. du Mesnil, Frankreich

  103. Mlle L. Achard, Suisse

  104. Frl. Antonie M üller, Deutschland

  105. Mme Léonie Laurent, Frankreich

  106. Herr Werner Rooda, Holland

  107. Herr Arthur Rawlins, England

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